Bei der roten Tonne
von Johann Beerens, Am Ehrenmal 1, 26802 Moormerland Tergast
Heizer Karl hat noch einmal fix Kohlen ins Feuer geschaufelt. Dicker schwarzer Qualm ringelt sich aus dem Schornstein. Mit halber Kraft schlängelt sich die ELEONORE, ein 4.500 BRT-Dampfer, über die Ems. Zwar ist das Fahrwasser durch schwarze und rote Tonnen gut gekennzeichnet, doch die Steinhöften, die Sandbänke und Fischernetze ragen manchmal soweit in die Ems, dass ein großes Schiff schnell anecken kann. Als der Heizer an Deck ankommt, kann er schon backbords voraus die Lichter von Oldersum sehen. Nun muss die Tonne 94 bald kommen. Karl weiß, dass sie direkt am Hatzumer Sand liegt. Bei Niedrigwasser ist der abgelagerte Sand gut zu erkennen.
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Foto: Rote Tonne, J.Beerens, Tergast
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Noch einen Zug am Glimmstengel, dann tritt Karl an die Brüstung. Unter dem Rettungsboot an der Reling liegt ein großer, wasserdichter Sack. Einige Kilo Tee, ein Päckchen Kaffee und viele Stangen Camel und Lucky Strike sind drin. Als Beschwerung hat er Steine und Eisenstücke dazu gepackt. An einem Seil hängt ein kleiner grüner Ball. Er soll als Boje dienen, wird im unruhigen Wasser der Ems nicht weiter auffallen.
Es dauert nicht lange, da schwimmt die rote Tonne an der ELEONORE vorbei. Sie ist trotz der Dunkelheit noch gut zu erkennen, zumal das Mondlicht auf ihrem nassen Mantel glitzert. Karl schaut sich noch einmal um, prüft besonders, ob der Lotse auch auf der Brücke steht. Alles klar. Karl schiebt den Sack vorsichtig an die Bordwand, und während er sich eine neue Zigarrette anzündet, klatscht der Sack samt Ware aufs Wasser. Der Heizer klettert zurück in den Maschinenraum - noch eine Stunde bis Leer. Gegen Mitternacht kann er zu Hause in Rorichum sein.